Freitag, 5. Oktober 2007

“Ihr könnt Fotos machen, wovon Ihr wollt – es gibt keine Einschränkungen!”

So begann ein Projekt von Miriam Müller und Daniel Seiffert im Rahmen eines ASA-Stipendiums, dass wir gemeinsam mit 10 brasilianischen Frauen von Oktober bis Anfang Dezember 2006 in Rio de Janeiro durchführten. Allesamt arbeiten die Frauen als Prostituierte in den Gassen und Stundenhotels im Zentrum und am Rande Rios weitab vom glitzernden Schein der Copacabana. Die Frauen engagieren sich gemeinsam in der Nichtregierungsorganisation DAVIDA. DAVIDA ist eine Organisation der Zivilgesellschaft, gegründet 1992, um die Rechte von Prostituierten zu stärken.

Die Idee des Projektes war, mit Hilfe der Fotografie, den Alltag der Prostituierten auch außerhalb ihres Milieus sichtbar zu machen. Wir erhofften uns ihnen damit zu einer größeren Anerkennung in einer nicht selten bigotten brasilianischen Gesellschaft zu verhelfen, in der zwar auch außerhalb der Privatsphäre Sexualität allgegenwärtig scheint, Prostitution hingegen moralisch diskreditiert ist und mithin deren Umstände kaum hinterfragt werden. Denn ganz besonders mit den Konsequenzen der die brasilianische Gesellschaft geradezu prägenden Doppelmoral sind die Frauen tagtäglich konfrontiert.

Die teilnehmenden Frauen erhielten einfach zu bedienende Kameras, damit sie ihren eigenen, das heißt, einen für viele Menschen unsichtbaren Alltag einer Prostituierten in Rio de Janeiro, abbilden konnten. So entstand in relativ kurzer Zeit und mit bescheidenen Mitteln ein buntes Mosaik aus dem Leben der „Mulheres da Vida“ (“Frauen des Lebens”), wie sie in Brasilien genannt werden.

Die Fotografien ermöglichen einen facettenreichen Einblick in das Leben der Frauen. Die Bilder erzählen vom Alltag "normaler" brasilianischer Frauen mit ihren großen und kleinen Problemen aber auch von ihren Freuden, Träumen und Leidenschaften. Die bildhafte Auseinandersetzung und die Präsentation in einer Ausstellung sollten dazu beitragen, die allgegenwärtigen Formen von Stigmatisierung und Diskriminierung zu hinterfragen. Denn die Fotografien geben einen Einblick in ihr Leben, das sich nicht einzig und allein auf ihren Beruf reduziert. Gemeinsam ergibt sich ein buntes Kaleidoskop aus vielerlei Einsichten in einen Alltag zwischen Familie, Freizeit und Beruf. Durch ein gezieltes Zusammenkommen der Teilnehmerinnen wünschten wir uns ferner, den Austausch und die Kommunikation unter den Frauen zu fördern. Denn auch für die Frauen selber ergaben sich beim Anblick der Fotografien ganz neue Einblick in das Leben ihrer Kolleginnen. Neben der Anerkennung nach außen, erhoffen wir zudem ihre eigene ganz persönliche Wertschätzung zu stärken.

Wir möchten ein beinah uneingeschränkt positives Resümee ziehen. In Anbetracht des engen Zeitrahmens haben wir gemeinsam mit den Frauen von DAVIDA allerhand erreicht, haben vielerlei Interessantes gelernt und sehen im Kontext der weitläufigen Thematik „Prostitution“ so einiges nunmehr mit neuen Augen. Dabei halfen die Interviews, die sicherlich durch die gemeinsame Beschäftigung mit den persönlichen Fotos, welche die Frauen knipsten, eine besondere Intimität erreichten. Gemeinsam mit dem Bildmaterial erzählen sie von 10 individuellen Frauen, die in einem ganz speziellen Spagat zwischen Familie, Job(s) und Freizeit ihren Alltag in der brasilianischen Metropole auf bewundernswerte Art und Weise meistern. Die vermeintlich banalen und gerade deshalb so alltäglichen Fotografien geben gemeinsam mit kurzen Passagen aus den Interviews einen kleinen Einblick in ihren alltäglich zu bewältigenden Spagat zwischen Kindern, Kirche und Kondom.

Es war uns eine Freude und eine Ehre sie im Laufe unseres Projektes kennen lernen zu dürfen und diese Erfahrung dank ASA auch an in Deutschland Interessierte weiterzugeben.

1 Kommentar:

Bettina hat gesagt…

Hallo Daniel, hallo Miriam,

Gratulation zum Blog! Ich freue mich, Eure Bilder wiederzusehen und werde den link fleißig weiterleiten!

Bin am Wochenende in Berlin und hoffe wir sehen uns!

Beijos Bettina